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ELECTRONIC COMMERCE IN DER SCHWEIZ: Ergebnisse aus Einzelfallstudien und statistischen Erhebungen

Harabi, Najib and Schoch, Rolf and Hespeler, Frank (2000): ELECTRONIC COMMERCE IN DER SCHWEIZ: Ergebnisse aus Einzelfallstudien und statistischen Erhebungen.

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Abstract

Wo steht die Schweiz heute bezüglich Akzeptanz, Verbreitung und Nutzung von neuen Arbeits-und Geschäftsformen in Wirtschaft und Gesellschaft? Eine der bisher umfassendsten und gründlichsten internationalen empirischen Untersuchungen in der Bevölkerung und bei Betrieben gibt auf diese Frage wissenschaftlich fundierte Antworten: Renommierte Forschungsinstitute aus zehn Ländern der Europäischen Union (Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Irland, Italien, Niederlande, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich) und der Schweiz führten letztes Jahr das Forschungsprojekt ECATT99 Electronic Commerce and Telework Trends durch. Damit realisierten sie eine Studie über Annahme (Adoption) und Ausbreitung (Diffusion) von neuen elektronischen Geschäftsmethoden und Arbeitsformen in der Informationsgesellschaft. Es handelt sich um eine in dieser Art einzigartige Studie im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms ESPRIT. Insgesamt wurden in ganz Europa (inklusive Schweiz) über 8’000 Privatpersonen und rund 4’300 Entscheidungsträger in privaten und öffentlichen Unternehmungen über Bekanntheit, Akzeptanz, aktuelle und geplante Nutzung von Electronic Business und Telearbeit befragt. Zusätzlich wurden insgesamt rund 100 detaillierte Case Studies durchgeführt, von denen sich je fünf mit dem optimalen Einsatz von E-Commerce und Telework in der Schweiz beschäftigen. Für die Zukunft sind regelmässige Wiederholungsstudien in weijahresabständen geplant.

Die Schweiz nimmt erstmals an dieser international vergleichenden Studie teil, die im europäischen Rahmen (bezüglich Telework) bereits zum dritten Mal seit 1987 realisiert wird. Die Ergebnisse des vorliegenden Berichtes basieren hauptsächlich auf den 400 Interviews in der Schweizer Wohnbevölkerung sowie auf den 200 Interviews mit Inhaberinnen und Inhabern oder zuständigen Kadern von Betrieben aller Branchen der deutschen, französischen und italienischen Schweiz.

Der vorliegende Bericht beschränkt sich auf den Projektteil Electronic Commerce; für den Teil Telework wird ein separater Bericht erarbeitet. Die wichtigsten Ergebnisse der Repräsentativbefragungen über E-Commerce sind:

A. Ergebnisse auf der Nachfrage-/ Konsumentenseite (Bevölkerungsumfrage)

1. Die Ausstattung der Haushalte mit Computer- und Telekommunikations-Hard- und Software als technische Voraussetzung für den Zugang zum Internet ist in der Schweiz bereits relativ weit fortgeschritten. Ende 1999 haben 66 % aller befragten Schweizer und Schweizerinnen zu Hause einen PC oder anderen Computer zur Verfügung. Weitere 16 % aller Befragten haben die Absicht, in den nächsten ein oder zwei Jahren einen Computer zu beschaffen. Bis 2001 werden somit voraussichtlich rund vier Fünftel der Bevölkerung Computer besitzen. Die Schweiz liegt, zusammen mit Schweden, an der Spitze der Rangliste der zehn beteiligten EU-Länder (EU-Durchschnitt: 44 %). Die ICT-Infrastruktur der schweizerischen Haushalte bietet daher günstige Voraussetzungen für die Diffusion der Innovation E-Commerce im Bereich Business-to-Consumer.

2. Das Internet besitzt in der Schweizer Bevölkerung, ähnlich wie im gesamten Europa, einen sehr hohen, fast hundertprozentigen, allgemeinen Bekanntheitsgrad (awareness), und zwar in allen sozio-demografischen Bevölkerungsschichten. Auch der Informations- und Kenntnisstand der Bevölkerung bietet daher eine vorteilhafte Ausgangslage für die Anwendung von E-Commerce.

3. Bezüglich der effektiven Nutzung des Internets sowie anderer Online-Dienste (Anteil Benutzende an der Gesamtbevölkerung) nimmt die Schweiz in Westeuropa nach Schweden den zweiten Rang ein. 53 % der Schweizer Bevölkerung haben das Internet schon einmal, rund 46 % haben es während des letzten Monats oder der letzten 3 Monate genutzt. Die Internet-Nutzung ist jedoch in den einzelnen sozio-demografischen Untergruppen der Bevölkerung sehr unterschiedlich: Benutzende sind nach wie vor vorwiegend männliche, jüngere Angehörige der oberen Bildungs- und Berufspositionen in urbanen Verhältnissen.

4. Zugang zu und tatsächliche Verwendung von Electronic Mail sind in der Schweiz weit verbreitet. 40 % aller Befragten haben im vergangenen Monat mindestens eine elektronische Botschaft verschickt. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz zusammen mit Schweden auf dem ersten Platz (EU-Durchschnitt 1999: 18 %). Für die nächsten ein bis zwei Jahre ist in der Schweiz noch ein bedeutender Zuwachs bei der E-Mail-Benutzung zu erwarten. Bis 2001 kann mit einem Anteil von rund drei Vierteln der Bevölkerung, die den Dienst E-Mail nutzen, gerechnet werden.

5. Trotz des hohen Bekanntheitsgrades ist in der Schweiz bis heute die Nutzung des Internet für den elektronischen Einkauf noch nicht sehr weit verbreitet. Die häufigsten kommerziellen Nutzungsarten sind Informationsbeschaffung und -auswertung - jedoch seltener der Kauf von Gütern und Dienstleistungen. Das Internet oder andere Online-Dienste werden heute in der Schweiz, ähnlich wie in ganz Europa, vorwiegend dafür genutzt, um sich rasch und mühelos über Anbieter, Angebote, Einkaufsmöglichkeiten und Konditionen zu orientieren, und weniger oft, um Bestellungen zu tätigen. Informationsangebote werden ausserdem dann am attraktivsten empfunden, wenn sie kostenlos sind.

6. Die meisten Einkäufe betreffen die typischen „E-Commerce-Produkte“, nämlich: 1. Bücher, Broschüren oder Zeitschriften (1999 16 % aller Befragten), 2. Computer-Software, CD-ROM oder anderes Computerzubehör (12 %), 3. Reisen, Hotelunterkunft (12 %) sowie Eintrittskarten für Sportveranstaltungen, Kino etc. (10 %). Diese Artikel werden in der Schweiz von etwa drei bis vier mal so vielen Haushalten nachgefragt wie im gewichteten EU10-Durchschnitt. Auf den nächsten Plätzen folgen dann mit einigem Abstand Musik, CD, Video (8 %), ferner Elektro-/Elektronikgeräte (7 %), Lebens-/Genussmittel, Wein (4 %), Kleider, Textilien, Schuhe (4 %), Online-Zeitschrift, Online-Nachrichtendienst oder andere kostenpflichtige Online-Dienste (4 %).

7. Im Bereich Internet-Banking haben sich heute rund 11 % aller Befragten bemüht, Informationen von der Bank zu erhalten oder unter Angabe von Kreditkarten- oder Kontonummer Zahlungen zu tätigen. Fast gleich viele (10 %) haben der Bank einen Überweisungsauftrag erteilt. Dies ist rund doppelt so viel wie im EU10-Durchschnitt. In den kommenden beiden Jahren kann mit einem deutlichen Zuwachs von je rund einem Fünftel in diesen beiden Bereichen gerechnet werden.

8. Für die nächste Zukunft besteht ein erhebliches, jedoch keineswegs ‚explosionsartiges‘ Wachstumspotenzial in der kommerziell relevanten Nutzung des Internet oder anderer Online-Dienste: Ein Fünftel bis zwei Drittel des Segments der heutigen ‚Noch-Nicht-Benutzenden‘, entsprechend zusätzlich noch einmal rund 10 bis rund 44 % aller Befragten, je nach Anwendungsbereich bzw. Produktklasse, gedenken in den nächsten ein bis zwei Jahren hier aktiv zu werden. Die meist genannten Anwendungen betreffen wiederum Informationsbeschaffung (zu Eintrittskarten, Preisen, Lieferanten, Reisen, Hotels, Banken) und nicht Bestellungen. In Zukunft erlangen die eigentlichen Käufe zwar grössere Bedeutung als bisher; sie stehen jedoch nach wie vor nicht im Vordergrund. Am häufigsten werden im Hinblick auf das Jahr 2001 genannt: Bestellen von Eintrittskarten für Kino oder Sportveranstaltung, Buchen einer Reise oder Hotelunterkunft.

9. Vorteile des elektronischen Shoppings liegen aus der Sicht der Bevölkerung hauptsächlich im leichteren und schnelleren Einkauf, im geringeren Zeitaufwand und in der kleineren Anstrengung sowie im grösseren und vielfältigeren Angebot. Dies sind die potentiell diffusionsfördernden Merkmale des elektronischen Handels. Allerdings werden davon kaum finanzielle Einsparungen erwartet.

10. Barrieren, welche heute die weitergehende Diffusion von E-Commerce noch behindern oder verzögern können, sind nach Meinung der Konsumentinnen und Konsumenten vor allem mangelnde Sicherheit bzw. erhöhtes Risiko, Nachteile des virtuellen Einkaufs ohne physischen Kontakt zum Produkt und mangelnder Nutzen gegenüber konventionellem Einkauf. Im internationalen Vergleich ist die Schweizer Bevölkerung bezüglich Sicherheitsproblemen wesentlich kritischer als die Bevölkerung der zehn EU-Länder. Auch die fehlende oder unzulängliche technische Ausrüstung der Benutzenden bildet ein Hindernis. Demgegenüber sind mangelnde oder unzureichende Kenntnisse der Benutzenden sowie die Kosten von vergleichsweise geringerer Bedeutung. Fast drei Fünftel sehen aber grundsätzlich die Notwendigkeit und den Nutzen des Online-Einkaufs nicht ein und haben deshalb auch keinen Grund für eine Verhaltensänderung.

11. Neue und unkonventionelle Zahlungsmethoden beim Online-Shopping stos-sen in der Schweizer Bevölkerung auf Skepsis. Nur je etwa ein Viertel der Bevölkerung würde die Übermittlung ihrer Kreditkarten- oder Kontonummer bzw. „Cybercash“ oder eine andere spezielle Internet-Währung akzeptieren, um für Online-Bestellungen zu bezahlen. Demgegenüber wären zwei Fünftel aller Befragten bereit, die Zahlung mit der vertrauten, konventionellen und weitgehend risikolosen Nachnahme zu akzeptieren. 12. Eine weitergehende Diffusion und ein eigentlicher Durchbruch von E-Commerce im Bereich Business-to-Consumer setzen u.a. voraus, dass das Internet im Allgemeinen und das Online Shopping im Speziellen aus der Sicht der potenziellen Benutzenden „sicherer“ und „nützlicher“ werden, und dass entsprechende Vorbehalte abgebaut werden.

Fazit: Die technischen Voraussetzungen für die Diffusion der Innovation „Electronic Commerce“ in der Schweizer Bevölkerung sind günstig. Besitz und Nutzung der nötigen IT-Infrastruktur der Haushalte sowie Zugang zum Internet als Voraussetzung für die Teilnahme am elektronischen Geschäftsverkehr sind bereits weit verbreitet. Die Schweiz liegt heute diesbezüglich an der Spitze der zehn wichtigsten EU-Länder. Dieses latente Marktpotenzial ist jedoch noch nicht ausgeschöpft. Vielmehr wird die weitere Verbreitung infolge ungelöster Sicherheitsprobleme, Risiko- und Nutzenüberlegungen der Konsumentinnen und Konsumenten behindert und verzögert. Für alle Unternehmungen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen über den Kanal des elektronischen Handels im Internet anbieten oder in Zukunft noch anbieten wollen, gilt es, die günstige Ausgangslage und das Marktpotenzial aktiv zu nutzen. Aufgrund der Erkenntnisse aus der Bevölkerungsumfrage müssen sie dazu einerseits die vorhandenen Risiken und Unsicherheiten der Konsumenten reduzieren (z.B. Datenschutz, Geldverlust und Gefahr von Betrug). Anderseits sollten sie die relativen ökonomischen, sozialen und psychologischen Vorteile des virtuellen Shopping und Banking im Internet durch eine überzeugende Nutzenargumentation demonstrieren. Dasselbe trifft natürlich auch für die Lieferanten der technischen Infrastruktur sowie von Know-how im Internet-Zeitalter zu - also für Computerhersteller, Telekommunikations- und Softwarefirmen, Provider, Consultants und andere Anbieter von entsprechenden Produkten und Dienstleistungen. B. Ergebnisse auf der Angebotsseite (Unternehmungsbefragung) Die Ergebnisse bezüglich Ausstattung mit und Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien können wie folgt zusammengefasst werden:

1. E-Mail: Die Verbreitung von E-Mail ist 1999 sehr weit fortgeschritten (83 % aller befragten Unternehmen) und wird innerhalb der nächsten beiden Jahre fast die Sättigungsgrenze erreichen (90 %). Die Schweiz liegt damit nach Finnland und Dänemark auf Platz 3.

2. Internet: Die Verbreitung des Internets ist in der Schweiz noch weiter fortgeschritten als diejenige von E-Mail. Nur ungefähr jeder zehnte Betrieb nutzt das Internet 1999 noch nicht. In naher Zukunft wird dieser Anteil um mehr als die Hälfte zurückgehen. Im Vergleich mit dem restlichen Europa weisen die Schweizer Betriebe ein hohes Ausstattungsniveau auf (Rang 2 nach Finnland).

3. Intranet: Mit einer Verbreitung des Intranets in 56 % (1999) bzw. 75 % (2001) aller befragten Betriebe erweist sich die Schweiz einmal mehr als Land mit einer hervorragenden technologischen Infrastruktur (Rang 1).

4. Group Ware Tools nutzt in der Schweiz die Mehrheit der befragten Betriebe (60 % in 1999 und 70 % 2001), so dass sie wieder zu den europäischen Staaten mit einer hohen Verbreitung dieses Dienstes zählt (Platz 3 nach Irland und Grossbritannien).

5. Electronic Data Interchange (EDI) wird dagegen in nur 35 % (1999) bzw. 50 % (2001) aller befragten Betriebe genutzt. Damit ist die Nutzung dieses Instruments zwar weiter verbreitet als im europäischen Durchschnitt; die Schweiz rangiert hier jedoch lediglich auf Platz 4.

6. Call Center: Ebenso wie die anderen Online-Dienste wird auch das Call Center in der Schweiz im Vergleich zum übrigen Europa relativ häufig genutzt: Ein Fünftel der befragten Schweizer Betriebe verwendet diesen Dienst (Rang 3), während dies im restlichen Europa durchschnittlich nur 15 % aller befragten Betriebe tun. Zur konkreten Nutzung von Online-Diensten für die betriebliche Geschäftstätigkeit kann folgendes festgehalten werden:

7. Generelle Präsenz im Internet oder in anderen Online-Diensten: Die befragten Betriebe sind zu fast zwei Dritteln (1999) im Internet oder in anderen Online-Diensten präsent, während ein weiteres Fünftel derzeit eine Präsenz plant (2001). Diese Schweizer Zahlen entsprechen ungefähr der Situation des best-ausgestatteten Landes der EU, nämlich Finnlands. Sowohl in der Schweiz als auch im übrigen Europa sind Grossbetriebe mit einem eigenen Angebot öfter online vertreten als Kleinbetriebe. Hier zeichnen sich in der Schweiz vor allem die Branchen Handel und Logistik aus. Deutschsprachige Betriebe sind innerhalb der Schweiz häufiger in einem Online-Dienst vertreten bzw. planen öfter eine Präsenz als französischsprachige Betriebe.

8. Zwecke der betrieblichen Online-Präsenz: Insgesamt sehen die meisten befragten Schweizer Betriebe mit Online-Präsenz deren Zwecke im Bereich Marketing und Customer Relations. Nur etwa die Hälfte nutzt sie zur Veränderung der eigenen Produktionsprozesse. Schliesslich sieht nur ein geringer Prozentsatz den Zweck einer Online-Präsenz darin, als Online-Anbieter zu agieren. Auch in den nächsten beiden Jahren werden die Hauptzwecke der Online-Präsenz der befragten Schweizer Betriebe im Bereich des Managements interner und externer Informationen zu finden sein. Im übrigen Europa ergibt sich ein ähnliches Bild. Nach dieser allgemeinen Charakterisierung der Zwecke der Online-Präsenz von Schweizer Unternehmen folgen nun detailliertere Ergebnisse. Die vorliegende Studie unterscheidet acht verschiedene Zwecke der betrieblichen Online-Präsenz:

9. Werbung und Marketing: Die Schweizer Betriebe nutzen ihre Online-Präsenz innerhalb Europas am häufigsten für Werbung und Marketing. In der Schweiz und allen anderen Ländern liegt der öffentliche Sektor gegenüber den anderen Branchen etwas zurück. Vor allem die Schweizer Betriebe des deutschsprachigen Raums sehen Werbung und Marketing als Zweck ihrer Online-Präsenz.

10. Bereitstellung kostenloser Informationen: Das Angebot kostenloser Informationen als Zweck der eigenen Online-Präsenz wird in den nächsten beiden Jahren in der Schweiz von hohem Niveau aus weiter zunehmen. Während 1999 Online-Betriebe aus den Branchen Handel und Logistik diesbezüglich zurückliegen, wird sich der öffentliche Sektor 2001 durch einen Vorsprung von den anderen Branchen abheben. Dies ist heute schon in einigen anderen Ländern der Fall und kann auf eine Vielzahl von staatlichen Websites zur Information der Bürgerinnen und Bürger zurückgeführt werden. 1999 bieten prozentual mehr deutsch- als französischsprachige Betriebe kostenlose Informationen im Netz an. Bis 2001 wird sich dies nach den bisherigen Zukunftsplänen der Betriebe jedoch umkehren.

11. Bereitstellung kostenpflichtiger Information: Schweizer Betriebe nutzen ihre Online-Präsenz im Vergleich mit ihrer europäischen Konkurrenz nur selten zum Angebot kostenpflichtiger Informationen. Ähnlich wie in den anderen Ländern sind hier vor allem die Betriebe der Branche Finanz- und Unternehmensdienstleistungen aktiv.

12. Online-Verkauf: Die Schweiz zeichnet sich im Jahr 1999 – im europäischen Vergleich – durch einen hohen Einsatz der eigenen Online-Präsenz für den elektronischen Verkauf aus (32,5 % der befragten Betriebe). Bis ins Jahr 2001 wird sie allerdings weit ins europäische Mittelfeld zurückfallen. Anders als in den übrigen Staaten unserer Studie, in denen eher Betriebe der Branchen Handel und Logistik ihre Online-Präsenz zum Zweck des Online-Verkaufs einsetzen, engagieren sich hier in der Schweiz insbesondere die Betriebe der Branche Finanz- und Unternehmensdienstleistungen stark.

13. Datenaustausch mit Lieferanten und Kunden: Ungefähr die Hälfte der Schweizer Online-Betriebe sieht den Datenaustausch mit Lieferanten und Kunden als Zweck ihrer Online-Präsenz an. Dies entspricht der Situation im übrigen Europa. Anders als in den übrigen europäischen Ländern scheinen in der Schweiz alle Branchen in etwa gleich stark an EDI mit externen Partnern interessiert zu sein. Deutschsprachige Betriebe innerhalb der Schweiz beteiligen sich eher an EDI als französischsprachige.

14. Gemeinsame Wertschöpfung mit Zulieferern und Kooperationspartnern: Bei der Nutzung der eigenen Online-Präsenz für die Herstellung einer gemeinsamen Wertschöpfung mit Partnern zeigen sich die befragten Schweizer Betriebe trotz ihres hohen technologischen Standards zurückhaltend. Im Gegensatz zu einigen andern europäischen Ländern existieren in dieser Hinsicht auch kaum Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen.

15. Beschaffung von Einsatzfaktoren oder Vorprodukten: Die Nutzung von Online-Diensten für die Beschaffung von Einsatzfaktoren ist in der Schweiz weiter verbreitet als in allen anderen Ländern unserer Studie: nahezu jeder zweite befragte Schweizer Betrieb nutzt sie in dieser Weise. 1999 nutzen insbesondere grössere Betriebe Online-Dienste zu diesem Zweck, was vor allem in der Schweiz in Zukunft immer weniger gelten wird. Besonders die Branche Finanz- und Unternehmensdienstleistungen verzichtet in der Schweiz auf die Beschaffung von materiellen Einsatzfaktoren via Online-Dienste.

16. Personalakquisition: Zur Personalakquisition werden Online-Dienste in der Schweiz seltener als zur Beschaffung materieller Einsatzfaktoren eingesetzt: Lediglich ein Drittel der befragten Betriebe wirbt online neues Personal an. Dabei wenden sich eher grössere Betriebe dieser Art der Personalakquisition zu. Da diese aber generell öfter Online-Dienste nutzen, sollte der Einfluss der Betriebsgrösse auf diesen Nutzungszweck nicht fehlinterpretiert werden. Überdurchschnittlich ist auch die Nutzung der Online-Akquisition von Personal durch Betriebe der Finanz- und Unternehmensdienstleistungsbranche. Die Ergebnisse bezüglich der Barrieren für die Nutzung von Online-Diensten aus der Sicht der befragten Unternehmen sehen wie folgt aus:

17. Online-Verkauf: Schweizer Betriebe sehen die Hindernisse einer raschen Verbreitung des Online-Verkaufs vor allem auf der Seite der Anbieter. Insbesondere die Charakteristika der Produkte stehen aus ihrer Sicht einer raschen Diffusion dieses Verkaufskanals im Wege. Die verschiedenen Barrieren lassen sich nach Lerneffekten kategorisieren. Während die Barrieren „Kosten“ und „fehlende Nachfrage“ keinen Lerneffekten unterliegen, sinkt mit zunehmender Erfahrung die Bedeutung der Produktcharakteristika als Barriere, während die Bedeutung der Barrieren „mangelndes Know-how“, „Sicherheitsbedenken“ und „Rahmenbedingungen“ zunimmt. Kleine Betriebe sind risikoaverser und schätzen die Bedeutung der Barrieren insgesamt höher ein als grössere. Auch die Wirtschaftszweige Industrie bzw. Handel/Logistik zeigen sich deutlich risikoaverser als die anderen Branchen.

18. Online-Beschaffung: Betriebe in der Schweiz, die Online-Dienste heute noch nicht zur Beschaffung von Einsatzfaktoren einsetzen, geben als Grund vor allem an, dass ihre Produkte dies nicht zulassen würden. Ebenfalls wichtig ist für sie, dass kein entsprechendes Angebot vorhanden sei. Diese Einschätzung deckt sich mit derjenigen der Betriebe in den übrigen Ländern Europas. Dagegen spielen Sicherheitsbedenken in der Schweiz eine wichtigere Rolle, während mangelndem Know-how eine geringere Bedeutung zugemessen wird. Aus den angefertigten Case Studies lassen sich folgende Ergebnisse zur optimalen Praxis von E-Commerce zusammentragen:

19. Strategische Partnerschaften traditioneller Unternehmen mit Firmen des ICT-Sektors erleichtern den Markteinstieg und können dazu beitragen, Investitionsrisiken durch Teilen der Kosten für die einzelnen Partner zu reduzieren. Auf diese Weise kann auch kleinen Unternehmen ein Markteintritt gelingen.

20. Die organisatorische Trennung von E-Commerce und anderen Distributionskanälen bzw. Geschäftsbereichen erweist sich als eine notwendige Bedingung für einen nachhaltigen Erfolg bei der Etablierung des neuen Geschäftsfeldes innerhalb traditioneller Unternehmen.

21. Besonders geeignet für E-Commerce sind Basisprodukte bzw. Basisdienstleistungen, die an die individuellen Präferenzen des Kunden angepasst werden können. Diese können dazu dienen, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen, die ein späteres Angebot von Mehrwertdiensten ermöglichen (Customized Products).

22. In kleineren Betrieben stellt vor allem die persönliche Motivation einzelner leitender Mitarbeitenden die Grundlage der Einführung von E-Commerce dar.

23. Finanzielle Erfolge stellen nicht den einzigen Nutzen von E-Commerce dar. Wichtig sind auch Image-, Publizitätsgewinne, Einsparungspotentiale und strategische Optionen.

C. Vergleich Bevölkerungs- und Unternehmungsbefragung Bei mehreren Themenbereichen wurden der Bevölkerung und den Unternehmungen sinngemäss analoge Fragen gestellt, jeweils bezogen auf die eigene Person bzw. Organisation. Die beiden Klassen von Interviewpartnern haben diese aus ihrer völlig unterschiedlichen Situation und Perspektive heraus beantwortet. Damit eröffnet sich die interessante Möglichkeit, Vergleiche zwischen Nachfrage- und Angebotsseite anzustellen und Übereinstimmung oder Divergenzen zwischen Vertretern von Unternehmungen bzw. Haushalten zu ermitteln. Diese gemeinsamen Fragenkomplexe betreffen die folgenden Bereiche: Ausstattung mit Informations- und Kommunikationstechnologien, Zugang zum und Nutzung des Internet, Benutzung von E-Mail, Barrieren für die Nutzung von Online-Diensten, speziell von Online-Shopping/-Verkauf. Unterschiede zwischen Unternehmen und Privatpersonen erwarteten wir a priori aufgrund der verschiedenartigen institutionellen Verankerung der Befragten sowie der unterschiedlichen Zielsetzungen, Interessenlage, materiellen Mittel und Möglichkeiten.

1. Die Ausstattung mit der nötigen Infrastruktur - d.h. PC mit Online-Verbindung, Internet-Zugang, ISDN und E-Mail auf Seiten der Nachfrager bzw. Internet-Zugang, E-Mail, Online-Präsenz mit Website bei den Anbietern - als technische Voraussetzung für die Teilnahme am elektronischen Geschäftsverkehr hat in der Schweiz Ende 1999 sowohl absolut wie auch relativ im Vergleich zu anderen europäischen Ländern einen hohen Stand erreicht. Damit bestehen auf beiden Seiten günstige Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche und weitgehende Diffusion von E-Commerce.

2. Die effektive Nutzung des Internets sowie anderer Online-Dienste (Anteil Benutzenden an der jeweiligen Grundgesamtheit) ist jedoch unter den Unternehmungen (mit knapp 90 %) wesentlich weiter fortgeschritten als in der Bevölkerung (rund 53 %), bei der kommerzielle Motive und die Hoffnung auf Vorteile weniger ausgeprägt vorhanden sind als bei Unternehmen.

3. Auch die Verbreitung von E-Mail hat bei Unternehmungen 1999 (mit 83 %) einen wesentlich höheren Grad, d.h. gut doppelt so hohen Stand, erreicht als bei Privathaushalten (mit 40 %).

4. Betrachtet man den erklärten Zweck der (unternehmerischen) Online-Präsenz und die effektiven Nutzung des Internets durch die Konsumentinnen und Konsumenten, ergibt sich ein hoher Grad an Übereinstimmung, der nicht selbstverständlich ist: Die Betriebe wollen das Internet zwar am häufigsten für Marketing- und Werbezwecke einsetzen und verfolgen weitere, rein unternehmungsspezifische Zwecke. Sie nennen aber das kostenlose Bereitstellen von Informationen, das für die privaten Haushalte ganz eindeutig im Vordergrund steht, immerhin bereits an zweiter Stelle. Etwa die Hälfte sieht überdies den Datenaustausch mit Lieferanten und Kunden als Zweck ihrer Online-Präsenz.

5. Hinsichtlich der Barrieren gegen eine rasche Verbreitung des Online-/Shoppings bzw. -Verkaufs stimmen Bevölkerung und Unternehmen insofern grundsätzlich miteinander überein, als beide wesentliche Hindernisse auf der Angebotsseite feststellen. Insbesondere stehen hier aus der Sicht beider befragten Parteien die Charakteristika der Produkte einer raschen Diffusion dieses Verkaufskanals im Wege. Sicherheitsbedenken stellen ebenfalls für beide Parteien ein weiteres Hindernis dar, das aber nicht mehr eindeutig der Angebotsseite zugeordnet werden kann.

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